Viel zu häufig wird die Dokumentation von Geschäftsprozessen nicht ordentlich niedergeschrieben und zentral im Unternehmen zur Verfügung gestellt, sondern es bilden sich von Mitarbeitern mündlich weitergegebene Wissenssilos. In der heutigen Geschäftswelt ist die Dokumentation von Geschäftsprozessen ein unverzichtbarer Bestandteil für den nachhaltigen Erfolg.
Die klare und umfassende Dokumentation von Abläufen und Verfahren bietet zahlreiche Vorteile, die von der Standardisierung von Prozessen bis hin zur nahtlosen Verwaltung von Systemen reichen. Besonders in einem sich ständig wandelnden Arbeitsumfeld, in dem Mitarbeiterwechsel und technologische Fortschritte unausweichlich sind, wird die Bedeutung einer gut dokumentierten Prozesslandschaft deutlich.
In meiner Zeit als selbstständiger Interimsmanager bin ich immer wieder in Projekte gekommen, in denen keiner wirklich wusste, wie „das Ganze“ eigentlich „richtig“ funktioniert – hier fehlten „Dokus“ oder wenigstens Übergabeprotokolle oft ganz. Ging ein Mitarbeiter, ging das Wissen mit ihm.
Als ich bei eco und DE-CIX in die CRM-Abteilung eingestiegen bin, fand ich zwar ein Handbuch vom Dienstleister vor, das alle Funktionen des CRM vorgestellt hat. Dass die technischen Umsetzungen zu den von den Anwendern gelebten Verfahren nicht passten, diese Erfahrung wird bestimmt jeder gemacht haben, der ein System übernommen hat – die beste Lösung, die beste Software für einen Geschäftsprozess hat schließlich immer die Konkurrenz. Um es klar zu sagen:
Dokumentationen macht keinen Spaß!
Sie sind zeitaufwendig, oft schneller als Kontaktdatensätze wieder „Out of Date“ und die Anwender rufen dich immer zuerst an, anstatt den mit einer Schritt-für-Schritt-Anleitung beschriebenen Fall in der Dokumentation nachzuschauen. Die Hoffnung: „Der macht das dann bestimmt für mich. Ich will mich damit eigentlich gar nicht auseinandersetzen.“
Oft ist die Versuchung groß, genau dies zu tun: Den dokumentierten Prozess, für den man als Profi keine zwei Minuten braucht, selbst für den Anwender umzusetzen, statt ihn 15 Minuten durch das Handbuch zu begleiten und es ihn selbst machen zu lassen. Auch ich habe dem (zu oft) nachgegeben. Andernfalls entsteht jedoch nicht selten „Schatten-IT“: Statt die Vorgänge in den Systemen umzusetzen, in denen sie gedacht sind, werden „work arounds“ geschaffen. Statt Kontakte und Gespräche im CRM zu pflegen, entstehen Excel-Listen.
Nun stehe ich selbst vor einem Unternehmenswechsel und habe mich in den letzten fast sieben Jahren zu einem Kernwissensträger entwickelt. Ich habe Prozesse überarbeitet und Verfahren neu aufgestellt, habe neue Software für Teilbereiche eingeführt und administriert. Habe User geschult und gegen Schatten-IT gekämpft. Und kam mit der Dokumentation nicht immer in dem Maße hinterher, wie es gegebenenfalls angebracht oder nötig gewesen wäre. Bevor eine Anpassung vollständig – also inklusive Doku – abgeschlossen war, wartete schon das nächste Projekt. Doch gehört eine fehlende Dokumentation in meinen Augen klar zu vermeidbaren technischen Schulden für das Unternhemen und wird irgendwann mit Zinsen zurückschlagen.
Eine Firma sollte das Rad nicht neu erfinden müssen, wenn jemand das Unternehmen verlässt.
Bevor ich also zu neuen Ufern aufbreche, habe ich dem Unternehmen das geschrieben, was ich in fast jedem Projekt, zu dem ich gestoßen bin, vermisst habe: eine ordentliche und vollständige Dokumentation.
Dazu habe ich die bestehenden Handbücher zu den Tools und Prozessen, die auf „meinem“ Tisch lagen und bei denen beschriebener und angewendeter Sachstand zwischen zwei Monaten und zwei Jahren auseinanderlagen, in den Papierkorb geworfen und ein komplett neues „Wiki“ aufgezogen.
Welche Erfahrungen ich dabei gemacht habe, was für mich überhaupt alles dazugehört, was eine „SBOM“ ist, wie eine Prozesszeichnung, ein User Walkthrough oder ein Admin Help Space ist und vieles mehr, werde ich in einer kleinen Serie beschreiben, mit der andere hoffentlich ein paar „Erfahrungen“ auslassen können, die ich machen „durfte“.
Eine Dokumentation kostet Zeit, die sich auszahlen wird
Denn ja: Eine umfassende und aktuelle Dokumentation der Unternehmensprozesse und der Funktionen der Anwendersoftware ist ein riesiger Berg Arbeit, der nicht immer neben dem Tagesgeschäft zu stemmen ist. Keine Doku ist langfristig jedoch immer die schlechteste Wahl – auch wenn dies der Grund für mehr als nur einen Auftrag in meiner Selbstständigkeit war. Vor allem wenn das Team wächst, bleiben nicht immer Zeit und Gelegenheit, alles mündlich weiterzugeben und es schleichen sich schnell Fehler ein.
Wenn SIE, SIE oder vielleicht SIE sich die Zeit und das Geld für die Doku sparen wollen, planen SIE direkt das Budget für den Interims Manager ein, der die daraus entstehenden Krisen wieder einfangen soll.
Nach dieser persönlichen Einführung gehe ich im nächsten Teil darauf ein, was eigentlich in eine Dokumentation gehört und warum eine „SBOM“ ein guter Schritt ist, um zu prüfen, ob man von all seinen Prozessen im Unternehmen wirklich weiß.